Dommaraju Gukesh – jüngster Schachweltmeister der Geschichte!
Dorian Rogozenco zeigt in seiner halbstündigen Videoanalyse die Schlüsselmomente des Matches
Alle WM-Partien mit Analysen von Martin Breutigam, Anish Giri, David Howell, Luke McShane, Yannick Pelletier, Sam Shankland und Wesley So
Der Kampf um die Schachweltmeisterschaft zwischen Titelverteidiger Ding Liren und Dommaraju Gukesh fand vom 25. November bis 13.Dezember 2024 in Singapur statt. Angesetzt waren 14 Partien im klassischen Schach, ggf. gefolgt von einem Schnellschach-Tiebreak. Der Chinese hatte seit seinem Titelgewinn 2023 mit einem anhaltenden Formtief und überdies mit psychischen Problemen zu kämpfen, während sein erst 18-jähriger Herausforderer im gleichen Zeitraum konstant hervorragende Ergebnisse geliefert hatte und mittlerweile auch in der Elorangliste bereits deutlich vorbeigezogen war. Kurzum, Gukesh galt weithin als klarer Favorit. Doch das Match begann mit einem Paukenschlag: Ding wählte als Nachziehender überraschend Französisch und erlangte in der Folge positionell die Oberhand.
Spätestens nach 21....Dd3! war das Konzept von Schwarz in Gukesh D - Ding,L 0-1 voll aufgegangen. "Die Zeit wird es zeigen, aber Partie 1 sah wirklich wieder wie der alte Ding aus. Wenn er diese Form durchgehend beibehalten kann, denke ich, dass Gukesh mehr Schwierigkeiten haben wird, als die meisten vorhergesagt haben!", heißt es im Kommentar von Sam Shankland, der auch die zweite Partie analysiert hat.
In dieser nahezu symmetrischen Italienisch-Stellung überlegte Ding 24 Minuten an 9.a5, laut dem Amerikaner hätte der Doppeltausch 9.Lxe6 fxe6 10.Lxc5 dxc5 zumindest etwas mehr Spiel versprochen (Ding,L - Gukesh Dommaraju ½-½).
In der dritten Partie gelang Gukesh der Ausgleich.
In Gukesh Dommaraju - Ding,L 1-0 drehte sich alles um den schwarzen Läufer c2, der nach 19.e4! in der Falle saß - Wesley So schildert die Details.
Partie 4 sah "ein solides Remis von beide Seiten" (Wesley So).
Mit 15...b6! planend ...c5 löste Schwarz in Ding,L - Gukesh Dommaraju ½-½ sämtliche Eröffnungsprobleme.
Die Partien 5 und 6 hat Yannick Pelletier unter die Lupe genommen.
Nach 27...Le6! (statt 27...Lc6?) hätte Schwarz in Gukesh Dommaraju - Ding,L ½-½ risikolos auf Gewinn spielen können. Der Schweizer Großmeister zieht daraus Rückschlüsse auf Dings generelle Einstellung in dem ganzen Match.
Auch bei 34.Kc2?! (34.Dg5!) in Ding,L - Gukesh Dommaraju ½-½ glaubte der Chinese wohl nicht mehr an seine Chancen.
Anish Giri kommentiert die Kampfremisen in den Partien 7 und 8, bei denen Ding jeweils am Rande einer Niederlage wandelte.
In Gukesh,D - Ding,L ½-½ verpasste Weiß mehrere Gewinnchancen, die letzte mit 44.Ld1? (44.Ke2!+-).
"Der falsche Springer!" - nach 26...Sdc5! (statt 26...Sac5?) wäre Schwarz in Ding,L - Gukesh Dommaraju ½-½ klar am Drücker gewesen.
Gukesh Dommaraju - Ding,L ½-½ war laut Luke McShane "eine der präzisten Partien des Matches" - und 20.Se5! (statt 20.Db5) die beste Möglichkeit für Weiß, irgendetwas zu erreichen.
In der Pressekonferenz nach der 10. Partie Ding,L - Gukesh Dommaraju ½-½ schlug Gukesh selbst an dieser Stelle 11.Se4!? vor - Martin Breutigam schaut sich die Sache genauer an.
Nach dieser Serie von sieben Remis ging Gukesh am nächsten Tag erstmals im Match in Führung.
Nach 26...e6? 27.Sc5 dauerte Gukesh,D - Ding,L 1-0 nur noch drei Züge!
Vorentscheidung? Von wegen. Ding schlug postwendend zurück, und wie!
Nach 17.Dd2! war in Ding,L - Gukesh,D 1-0 war der kraftvolle weiße Zentrumsvorstoß d3-d4 nicht mehr zu stoppen. Insiderkenntnisse zu diesen beiden Partien liefert David Howell, der als LIve-Kommentator des Matches vor Ort war.
In Partie 13 kam zum dritten Mal im Match Französisch aufs Brett, und es war wieder einiges los!
In der kritischen Stellung aus Gukesh Dommaraju - Ding,L ½-½ geschah 30...Df7? (30...Dxe1!=) 31.Se4? (31.Txe8+ Txe8 32.Se4!+-) Tf8!=. Martin Breutigam hat dazu einiges zu sagen.
Die 14. Partie verflachte recht schnell, und angesichts des reduzierten Materials an nur einem Flügel rechnete alles mit einem Remis und damit einem Stichkampf. Doch dann geschah das Unglaubliche:
55.Tf2?? Txf2 56.Kxf2 Ld5! katapultierte Ding in ein verlorenes Bauernendspiel, das er sofort aufgab. In seinen Anmerkungen zu Ding,L - Gukesh Dommaraju 0-1 schildert Jan Markos den Vorlauf zu diesem Blackout - und liefert eine sehr menschliche Erklärung dafür.
Mit diesem Sieg wurde der Inder Dommaraju Gukesh der 18. Weltmeister der Schachgeschichte - mit 18 Jahren der jüngste der aller Zeiten!